Bulgarien im (Klima-)Wandel

Projekt des Monats |

Chancen für deutsch-bulgarische Kooperationen im Gebäudesektor

Bulgarien ist in seiner Geschichte von Veränderungen geprägt. Der EU-Mitgliedsstaat auf der östlichen Balkanhalbinsel war einst ein Königreich, später eine kommunistische Volksrepublik und ist seit 1990 eine parlamentarische Republik. Veränderungen sind in Bulgarien heute dringend nötig, denn der Klimawandel stellt das Land, das lange Zeit auf Kohle- und Atomstrom gesetzt hat, vor große Herausforderungen. Dafür bedarf es keines Systemwechsels, sondern eines Umdenkens. Wie unsere Gespräche vor Ort gezeigt haben, hat dieser Prozess bereits begonnen. Erfahrungen und Know-how aus dem Ausland –­ insbesondere aus Deutschland – sind dabei gefragter denn je.

Vertreterinnen des Öko-Zentrums NRW sind 2023 gemeinsam mit einer deutschen Delegation nach Bulgarien gereist, um sich über Erneuerbare Energien und Energieeffizienz im Gebäudesektor auszutauschen. Im Folgenden möchten wir Einblicke in Klimaschutzbemühungen des Landes, unsere Gespräche vor Ort und die Chancen deutsch-bulgarischer Kooperationen geben.

Klimaschutz in Bulgarien: Energie- und Gebäudebereich

Im diesjährigen Climate Change Performance Index (CCPI), der die Klimaschutzbemühungen für 63 ausgewählte Länder evaluiert und vergleicht, erreicht Bulgarien mit Platz 46 eine der schlechtesten Platzierungen. Politisches Engagement für Klimaschutz und konkrete Umsetzungsstrategien für Klimaschutzmaßnahmen haben dem Land lange gefehlt. Die größten Emittenten für Treibhausgase sind der Energie- und der Gebäudesektor.

Energiesektor: 2023 setzte sich der Strommix zu 39,5 Prozent aus fossilen Rohstoffen, zu 40,5 Prozent aus Kernenergie und nur zu 20 Prozent aus erneuerbaren Energieträgern zusammen. Im Vergleich zum Vorjahr konnte dabei bereits ein deutlicher Rückgang der Kohleverstromung erreicht werden, die 2022 allein 46,5 Prozent ausmachte (Quelle: Statista). Der Kohleausstieg, der Ende letzten Jahres für 2038 beschlossen wurde, wird – wie massive Proteste der Bevölkerung gezeigt haben – eine der Herausforderung der nächsten Jahre bleiben.

Gebäudesektor: Wohngebäude sind in Bulgarien zum Großteil alt und unsaniert – fast die Hälfte aller Gebäude wurde vor 1970 errichtet. Auch Leitungssysteme für Fernwärme sind in größeren Städten häufig veraltet und oft marode. Insbesondere die Plattenbauten, die zu Sowjetzeiten in großer Zahl errichtet wurden, weisen eine sehr schlechte Energieeffizienz auf. In den nächsten Jahren sollen staatliche Förderungen und EU-Fonds genutzt werden, um den Gebäudebestand zu sanieren. Städte wie die Hauptstadt Sofia stellen zusätzlich eigene Mittel bereit, um bspw. öffentliche Gebäude mit Wärmepumpen auszustatten. Das jüngst erklärte Ziel, alle neuen und sanierten Gebäude zu mindestens 55 % mit erneuerbaren Energien zu beheizen, wird das Land vor große Herausforderungen stellen.

Weitere Informationen zum Thema Klimaschutz in Bulgarien stellt Germany Trade & Invest (GTAI) zur Verfügung.

Deutsch-bulgarische Fachkonferenz zu Erneuerbaren Energien

Die Deutsch-Bulgarische Industrie- und Handelskammer (AHK-Bulgarien) hat im November 2023 in Zusammenarbeit mit dem Beratungsunternehmen energiewaechter GmbH einen Fachaustausch zur Energie- und Wärmewende organisiert. Sechs Unternehmen – darunter auch das Öko-Zentrum NRW – reisten gemeinsam mit Vertreterinnen und Vertretern aus der Forschung nach Sofia, um sich mit Akteurinnen und Akteuren vor Ort auszutauschen.

Die Konferenz „Dezentrale Energieversorgung mit erneuerbaren Energien in Kommunen – Die Erfahrung aus Deutschland und die Möglichkeiten in Bulgarien“, die zum Hauptprogramm der Reise gehörte, wurde am 7. November von über 100 Personen besucht. Auch Vertreterinnen und Vertreter aus der Politik waren anwesend.So begrüßten die stellvertretenden Energieministerin Iva Petrova sowie der Geschäftsführer der AHK-Bulgarien Dr. Mitko Vassilev die deutsche Delegation. Die Konferenz konzentrierte sich auf Best Practices und innovative Lösungen aus Deutschland und nahm Herausforderungen und Perspektiven für die Entwicklung des Energie- und Wärmesektors in Bulgarien in den Blick. Für weitere Informationen zur Konferenz und zu den Teilnehmenden siehe auch: Energie-Geschäftsreise nach Bulgarien

Durchgeführt wurde die Reise im Rahmen der „Exportinitiative Energie“, die darauf abzielt, deutsche Technologie und Know-how für umweltfreundliche Energielösungen „Made in Germany“ weltweit zu positionieren.

Öko-Zentrum NRW im Gespräch mit der bulgarischen Architektenkammer

Im Rahmen der Bulgarien-Reise besuchte unsere Mitarbeiterin Dipl.-Ing. Marina Goecke auch die bulgarische Architektenkammer. Thema der Gespräche war unter anderem die Gebäudeenergieberatung, für die das Öko-Zentrum NRW in Deutschland seit 30 Jahren zu den wichtigsten Weiterbildungsanbietern und Ingenieurbüros zählt.

In Bulgarien wird gegenwärtig diskutiert, wer künftig Energieberatungen durchführen und Wärmeschutznachweise erstellen darf. Aktuell dürfen Architektinnen und Architekten sowie Ingenieurinnen und Ingenieure ähnlich wie in Deutschland nach Abschluss einer Weiterbildung Gebäudeenergieberatungen durchführen. Anders als in Deutschland dürfen jedoch nur Hochschulen diese Weiterbildungen anbieten und nur Planungsbüros, nicht aber Einzelpersonen Beratungen durchführen. Auch im Bereich der Wärmeschutznachweise gibt es Unterschiede, da in Bulgarien nur TGA-Planerinnen und Planern berechtigt sind, diese zu erstellen.

Bulgarien sucht aktuell Mittel und Wege, Investitionsprozesse für die Gebäudesanierung zu vereinfachen und an europäische Praktiken anzugleichen. Die bulgarische Architektenkammer ist dabei bestrebt, die Rolle der Architektinnen und Architekten bei der Verwaltung und Koordinierung des Umsetzungsprozesses von Investitionsprojekten zu stärken.

Deutsch-bulgarische Kooperationen

Unsere Gespräche mit der bulgarischen Architektenkammer sowie mit Unternehmen und Verbänden haben gezeigt, dass ein Wandel zu mehr Energieeffizienz bereits im Gange ist. Wie eine Umfrage der AHK-Bulgarien belegt, sind die Geschäftsmöglichkeiten für deutsche Unternehmen in Bulgarien im Kontext von Klimaschutz, Energie- und Mobilitätswende derzeit hoch. Aus unserer Sicht wird es dabei wichtig sein, auch die Nachhaltigkeit zu berücksichtigen, denn energieeffizientes und nachhaltiges Bauen müssen für einen wirksamen Klimaschutz zusammengedacht werden.

Das Öko-Zentrum NRW setzt die Gespräche mit bulgarischen Akteurinnen und Akteuren weiter fort.

Sprechen Sie uns an, wenn Sie mehr über Bulgariens Gebäudesektors erfahren oder in deutsch-bulgarische Projekte einsteigen möchten. Unser Bulgarisch-sprachiges Fachteam bietet Ihnen individuelle Beratungs- und Projektentwicklungsleistungen.

 

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